Wer seine Seele baumeln lassen möchte, dem sei die Graphic Novel „Vertraute Fremde“ (遥かな町へ / Haruka na Machi e) von Jiro Taniguchi wärmstens empfohlen. Sie fängt oftmals Momente ein, die das Leben schreibt. Beim Betrachten der Bilder und dem Lesen des Textes lässt man sich automatisch in eine Traumwelt entführen. Die Richtung dieses Traums bestimmt die jeweilige Geschichte. So auch bei diesem Werk, welches bei CARLSEN erschienen ist.
Worum es in „Vertraute Fremde“ geht:
Hiroshi Nakahara, ein 48-jähriger Familienvater, arbeitet unermüdlich, um seine Familie zu unterstützen. Seine Frau macht sich jedoch Sorgen um sein Wohlergehen und bittet ihn, seine Arbeitsbelastung zu reduzieren und mehr Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, die ihn kaum noch sehen. Herr Nakahara stimmt zu und verspricht, nach seiner bevorstehenden Geschäftsreise etwas kürzerzutreten.
Am nächsten Tag reist Herr Nakahara von seiner Geschäftsreise in Kyoto zurück. Am Bahnhof, der eigentlich gut ausgeschildert ist, verirrt er sich und steigt versehentlich in den falschen Zug. Er wollte eigentlich den Shinkansen nach Tokio nehmen, findet sich aber im Schnellzug Super Hakuto nach Kurayoshi, seiner Heimatstadt, wieder.
Während er sich auf den Weg in seine Heimatstadt macht, die er seit vielen Jahren nicht mehr besucht hat, ist Herr Nakahara verwirrt und zögert, auszusteigen. Er erinnert sich an den Tod seiner Mutter vor 23 Jahren, als sie in seinem Alter war. Sie hatte sich wohl überarbeitet. Er fragt sich, ob sie glücklich war.
Die Reise nach Kurayoshi dauert von Kyoto aus genau drei Stunden. Am Bahnhof angekommen, überprüft Herr Nakahara die Abfahrtszeit des Zuges nach Tokyo, um festzustellen, wie viel Zeit er für einen Besuch der vertrauten Straße hat. Es bleiben ihm zwei Stunden, also macht er sich auf den Weg, um alles zu erkunden, was er kann. Zu seiner Überraschung macht es ihm nicht so viel Spaß, durch die Straßen zu schlendern, wie er erwartet hatte. Außerdem hat sich viel verändert. Plötzlich findet er sich vor dem Friedhof wieder, auf dem seine Mutter beigesetzt wurde. War das ein Zufall? Da er schon mal da ist, beschließt er, ihr einen Besuch abzustatten.
Da steht er nun, am Grab seiner Mutter. Er kann sich nicht mehr genau erinnern, wann er das letzte Mal hier war. Wieder kommt ihm der Gedanke, ob seine Mutter wohl glücklich war. Sie hatte nie etwas gesagt, auch nicht, als sein Vater sie verließ. Er wird diese Frage wahrscheinlich nie beantwortet bekommen. Oder doch? Plötzlich scheint sich etwas um Herrn Nakahara zu verändern. Er befindet sich auf einmal in der Vergangenheit, am 7. April 1963. Das kann doch nicht sein? Herr Nakahara kann sich an alles erinnern. Was ist hier los? Er muss diese Frage beantworten, um vielleicht auch die Antwort auf seine Frage zu finden.
Einschätzung:
Jiro Taniguchi ist ein außergewöhnliches Talent, ein Poet, der es versteht, Momente visuell einzufangen. Ob es sich nun um ein einzelnes Bild oder eine Reihe von Bildern handelt, seine Arbeit hat eine besondere Anziehungskraft.
Ich bin fasziniert von Bildern, die mit einem sprechen. Sie haben eine besondere Kraft. Egal, wie sehr man sich auch mühen mag, man wird niemals in der Lage sein, einen Moment so zu beschreiben, wie es ein Bild vermag. Genau das hat Jiro Taniguchi erkannt. Genau das bietet er uns in seinen Graphic Novels.
Das wirklich Bemerkenswerte ist, dass er es schafft, die Bilder mit geschriebenen Informationen zu verfeinern. Diese einzigartige Erzählweise ermöglicht es dem Leser, tief in die Geschichte einzutauchen. Sie wirkt dadurch sehr emotional.
Fazit:
Jiro Taniguchi, ein Meister seines Faches, erschafft Bildergeschichten, die so lebendig sind, dass man die Kirschblüten riechen, die Sonne auf der Haut spüren, die Vögel zwitschern hören und den Wind auf den Gräsern erkennen kann, die im Takt wippen. Seine Werke regen nicht nur zum Nachdenken und Reflektieren an, sondern fangen auch die Essenz des Lebens ein und hinterlassen den Leser mit dem Gefühl, was wäre wenn.
Wer sich auf eine Reise der Fantasie begeben möchte, sollte sich im allgemeinen Werke von Jiro Taniguchi genauer ansehen.
Leseprobe zu „Vertraute Fremde“. Quelle: CARLSEN
Wir möchten uns ganz herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar und die tollen Bilder bedanken!
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