Junji Itos Katzentagebuch ohne Horror?
-
Stefan -
5. September 2025 um 03:44 -
175 Mal gelesen -
0 Kommentare
Wenn ihr Junji Ito hört, denkt ihr wahrscheinlich sofort an groteske Horrorwelten, albtraumhafte Kreaturen und düstere Spiralen, die sich ins Gehirn bohren. Doch mit „Junji Itos Katzentagebuch“ (伊藤潤二の猫日記よん&むー / Ito Junji no Neko Nikki: Yon & Mu) zeigt der japanische Meister des Makabren eine ganz andere Seite von sich – eine, die sich mit Katzenhaaren, Kratzbäumen und dem ganz normalen Wahnsinn des Zusammenlebens mit Haustieren beschäftigt. Dieser Manga, erschienen bei CARLSEN, ist eine liebevoll überzeichnete, absurd komische Hommage an das Leben mit zwei eigenwilligen Stubentigern, die den Alltag eines Horrormangaka auf den Kopf stellen.
Die Geschichte von „Junji Itos Katzentagebuch“:
Junji Ito, im Manga schlicht als „J“ bezeichnet, zieht mit seiner Verlobten A zusammen. Während er sich selbst als Hundemensch sieht, bringt A nicht nur eine Katze mit, sondern gleich zwei. Zuerst kommt Mu, eine norwegische Waldkatze, die sie von einer Katzenschau in Nagoya abholt. Kurz darauf folgt Yon, eine Katze mit einem auffälligen Totenkopf-Menso auf dem Rücken, die J sofort Unbehagen bereitet. Die beiden Katzen sollen zunächst in As Zimmer bleiben, doch schnell wird klar: Sie sind gekommen, um zu bleiben – und um J das Leben schwer zu machen.
J versucht, sich mit den Katzen anzufreunden, doch sie bevorzugen eindeutig A. Er muss sich mit dem Geruch des Katzenklos, Kratzspuren auf dem Boden und der Tatsache abfinden, dass Yon und Mu lieber im Bett seiner Frau schlafen als bei ihm. Seine Versuche, sie mit Futter zu ködern, scheitern kläglich. Stattdessen wird er von Alpträumen geplagt, in denen A ihn mit einem Katzengesicht anfaucht oder Yon sich in ein Fabelwesen verwandelt. Die Grenze zwischen Realität und Fantasie verschwimmt, und J beginnt, die Katzen nicht nur als Haustiere, sondern als mystische Wesen zu betrachten.
Der Manga erzählt in kurzen Episoden, wie J sich langsam an das Leben mit Yon und Mu gewöhnt und wie die Katzen ihn auf ihre ganz eigene Weise akzeptieren. Dabei steht weniger die Handlung im Vordergrund als die skurrilen Beobachtungen und die überzeichnete Darstellung alltäglicher Situationen, die für J schnell zum persönlichen Horror werden.
Was macht diese Geschichte aus und warum solltet ihr sie lesen?
„Junji Itos Katzentagebuch“ ist kein typischer Slice-of-Life-Manga. Es ist eine satirische, liebevoll überdrehte Darstellung des Zusammenlebens mit Katzen – erzählt aus der Perspektive eines Mannes, der sonst die dunkelsten Abgründe der menschlichen Psyche illustriert. Gerade dieser Kontrast macht das Werk so besonders. Die banalen Alltagsszenen – ein Kratzbaum, ein Katzenklo, ein missglückter Kuschelversuch – werden durch Itos typischen Zeichenstil zu dramatischen, fast apokalyptischen Momenten überhöht.
Der Humor in diesem Manga ist für jeden verständlich. Man muss keine Katzen besitzen, um die Witze zu verstehen, aber wenn man welche hat, wird man sich in vielen Szenen wiedererkennen. Die Mischung aus Selbstironie, übertriebener Panik und echten Emotionen macht diesen Manga zu einem kleinen Meisterwerk der Alltagsbeobachtung. Außerdem bekommt man einen privaten Einblick in das Leben von Junji Ito, inklusive Fotos seiner echten Katzen und einem Interview, das den Manga abrundet.
Visuell ist „Junji Itos Katzentagebuch“ ein Fest für alle, die seinen Stil lieben. Die Charaktere sind schräg und individuell gestaltet, mit übertriebenen Gesichtsausdrücken, die zwischen Angst, Ekel und Verzweiflung schwanken. Die Katzen Yon und Mu sind dagegen sehr detailreich und liebevoll gezeichnet. Ihre Bewegungen, Blicke und Eigenheiten werden präzise eingefangen, was sie zu den eigentlichen Stars des Mangas macht.
Fazit:
„Junji Itos Katzentagebuch“ (伊藤潤二の猫日記よん&むー) ist ein herrlich schräger, überraschend liebevoller Manga, der zeigt, wie selbst ein Horrormeister von zwei Katzen in die Knie gezwungen werden kann. Die Mischung aus überzeichnetem Stil, alltäglichen Katastrophen und echter Zuneigung macht das Werk zu einem einzigartigen Leseerlebnis. Wenn ihr Lust habt auf Humor, Selbstironie und einen Blick hinter die Kulissen eines berühmten Mangaka – und dabei auch noch Katzen mögt – dann ist dieser Titel ein absolutes Muss.
Ob ihr nun selbst Katzenbesitzer seid oder einfach nur über die skurrilen Seiten des Alltags lachen wollt: „Junji Itos Katzentagebuch“ ist eine charmante, visuell beeindruckende und unglaublich lustige Hommage an das Leben mit Fellnasen – und daran, wie sie uns alle irgendwann brechen.
Viel Spaß beim Lesen!
Leseprobe zu „Junji Itos Katzentagebuch“. Quelle: CARLSEN
Wir möchten uns ganz herzlich beim Verlag / Publisher für das Rezensionsexemplar und die tollen Bilder bedanken!

Kommentare
Neu erstellte Kommentare unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.
Neu erstellte Kommentare unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.