Dissolving Classroom Rezension / Review
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Stefan -
20. September 2025 um 10:10 -
260 Mal gelesen -
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Wenn Ihr Lust auf eine schräge, verstörende und zugleich tiefgründige Horror-Erfahrung habt, dann solltet Ihr Euch „Dissolving Classroom“ (溶解教室 / Youkai Kyoushitsu) von Junji Ito nicht entgehen lassen. Der Einzelband, erschienen bei CARLSEN, ist ein Paradebeispiel für Itos Fähigkeit, alltägliche Situationen in groteske Albträume zu verwandeln – und das mit einem bitterbösen Augenzwinkern. Hier wird nicht nur mit Ekel gespielt, sondern auch mit gesellschaftlichen Normen, wie etwa der japanischen Kultur der Entschuldigung. Das Ergebnis ist ein Manga, der Euch garantiert im Gedächtnis bleibt – ob Ihr wollt oder nicht.
Die Geschichte von Dissolving Classroom:
Die Geschichte beginnt mit dem schüchternen Schüler Yuma Azawa, der neu in Keikos Klasse kommt. Was sofort auffällt: Er entschuldigt sich ständig – bei jedem, für alles, selbst wenn es keinen ersichtlichen Grund gibt. Dieses Verhalten bringt ihm schnell Spott und Mobbing ein. Nur Keiko hält zu ihm, auch als sie Yumas unheimlicher Schwester Chizumi begegnet, die wie aus dem Nichts auftaucht und bedrohlich wirkt. Nach einem Unfall, bei dem Keiko von einem Auto angefahren wird, erfährt sie im Krankenhaus, dass Chizumi offenbar von einem Schlangenfluch besessen ist – und dass Yuma früher Tiere getötet hat, um den Teufel zu beschwören. Was zunächst wie eine übertriebene Gruselgeschichte klingt, wird bald zur Realität: Chizumi beginnt, die Umgebung zu terrorisieren, droht Menschen das Gehirn auszusaugen, und Yuma entschuldigt sich weiterhin bei jedem, der ihnen begegnet – als wolle er die Folgen ihrer Taten mildern.
Keiko versucht, Chizumi zu verstehen und besucht Yuma zu Hause. Dort trifft sie auf eine weniger aggressive Chizumi, die ihr jedoch eine schockierende Wahrheit offenbart: Yuma habe tatsächlich den Teufel beschworen – und als Beweis zeigt sie Keiko die abgetrennten Köpfe ihrer Eltern, aus denen das Gehirn tropft. Keiko flieht, kann aber nicht glauben, was sie gesehen hat. Doch bald zeigen auch ihre eigenen Eltern und Mitschüler seltsame Symptome – laufende Nasen, die auf etwas viel Düstereres hindeuten. Als Chizumi erneut auftaucht, wird klar: Das Grauen ist noch lange nicht vorbei.
Was macht die Geschichte aus und warum sollte man sie lesen?
Was „Dissolving Classroom“ ausmacht, ist nicht nur die bizarre Handlung, sondern auch die Art, wie Junji Ito sie erzählt. Der Manga besteht aus mehreren Episoden, die lose miteinander verbunden sind und stets das Geschwisterpaar Yuma und Chizumi in den Mittelpunkt stellen. Diese Struktur erinnert an Itos Werke wie „Tomie“ oder „Uzumaki“, bei denen sich das Grauen langsam entfaltet und sich von Kapitel zu Kapitel steigert. Besonders spannend ist hier die satirische Auseinandersetzung mit der japanischen Entschuldigungskultur – Yumas übertriebene Höflichkeit wird zur grotesken Maske, hinter der sich ein teuflischer Plan verbirgt.
Der Zeichenstil ist typisch Junji Ito: klar, präzise und mit einem Hang zum surrealen Detail. Die Figuren wirken oft harmlos, fast niedlich, was den Kontrast zu den grausamen Szenen umso verstörender macht. Wenn Gehirne schmelzen, Gesichter entgleisen oder Körper sich auflösen, dann tut das nicht mit Splatter-Effekt, sondern mit psychologischem Nachdruck. Ito spielt mit Ekel, aber nie plump – sondern so, dass Ihr Euch fragt, was eigentlich schlimmer ist: das, was Ihr seht, oder das, was Ihr nicht sehen wollt.
Fazit:
Auch wenn „Dissolving Classroom“ nicht zu den stärksten Werken von Junji Ito zählt, bietet der Band eine ungewöhnliche Mischung aus schwarzem Humor, Gesellschaftskritik und Horror. Wer Itos Stil kennt und liebt, wird hier auf seine Kosten kommen – und wer ihn noch nicht kennt, bekommt einen guten Einstieg in seine Welt des kosmischen Grauens. Die Geschichte ist vorhersehbar, ja, aber gerade das macht sie so effektiv: Ihr wisst, dass etwas Schlimmes passiert – aber Ihr könnt nicht wegsehen.
Also: Wenn Ihr Lust auf einen Manga habt, der Euch zum Schaudern bringt, zum Nachdenken anregt und dabei auch noch visuell beeindruckt, dann greift zu „Dissolving Classroom“. Es ist ein Werk, das zeigt, wie Horror auch gesellschaftlich relevant sein kann – und wie man mit einem simplen „Entschuldigung“ eine ganze Welt ins Chaos stürzen kann.
Viel Spass beim Nägel kauen!
Leseprobe zu „Dissolving Classroom“. Quelle: CARLSEN
Wir möchten uns ganz herzlich beim Verlag / Publisher für das Rezensionsexemplar und die tollen Bilder bedanken!
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