Der Liebhaber (愛人 -ラマン- ) Review

Graphic Novels sind doch etwas Wunderbares, wie ich jedes Mal aufs Neue feststelle. Sie nehmen mich als Leser / Betrachter, durch ihre besondere Erzählweise, gekonnt auf eine Reise mit, wie es ein Manga oftmals nicht vermag. In dieser Review handelt es sich um die Graphic Novel „Der Liebhaber“ von der japanischen Künstlerin „Kan Takahama“, welche bei „CARLSEN“ im Vertrieb ist.

Wie oftmals bei einer Graphic Novel oder bei Mangas üblich, basiert auch diese Geschichte auf einem Roman, welcher 1984 als autobiographische Erzählung von „Marguerite Duras“ auf Französisch bei „Les Éditions de Minuit“ erschien.

Worum es in „Der Liebhaber“ geht:

Die 15-jährige Hauptdarstellerin mit dem Namen Dura lebt mit ihrer Mutter und ihren zwei Brüdern in der französischen Kolonialzeit im alten Indochina, dem heutigen Vietnam, genau genommen in der Nähe / in Ho-Chi-Minh-Stadt. Dort in der Nähe hat einst ihre Mutter ein Stück Land von der Regierung erworben. Leider wurde sie von den Regierungsbeamten betrogen, indem man ihr ein Stück Land verkaufte, das im Sommer regelmäßig unter Wasser steht. Mit solch einem Stück Land kann man natürlich nicht viel anfangen. Zurückgeben geht bedauerlicherweise auch nicht, sodass dies für die Familie den Ruin bedeutete. Die Familie zählt von da an zu den ärmsten der weißen Familien. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Duras großer Bruder kriminelle Züge zeigt.

Dura lebt in einem Internat. Sie soll dort ihren Abschluss am Gymnasium machen und dann das Examen als Mathematiklehrerin bestehen, damit sie wie ihre Mutter als Lehrerin arbeiten kann. Dieses Ziel missfällt Dura, da sie lieber schreiben möchte.

Auf dem Weg zum Internat setzt sie mit einer Fähre über. Auf dieser Fähre entdeckt sie ein Auto, in dem ein reicher, ca. 27-jähriger Chinese sitzt. Diesem sticht Dura sofort ins Auge. Während sie noch darüber nachdenkt, dass der Ring, den er trägt, wohl viel wert ist, spricht er sie auch schon an. Am Anfang ein wenig skeptisch, entwickelt sich genau aus diesem ersten Gespräch im Laufe der Zeit eine Liebesbeziehung voller Gefühl und Abneigung, die von vornherein zum Scheitern verurteilt scheint.

Einschätzung:

Ausnahmslos jede Graphic Novel, die ich bis jetzt gelesen habe, regte zum Nachdenken an. „Der Liebhaber“ macht da keine Ausnahme. Ja, ich möchte sogar so weit gehen, dass mich dieses Machwerk bis dato am meisten beschäftigt. Warum? Weil ich nicht so richtig weiß, was ich von der Hauptdarstellerin halten soll. Für mich war sie nicht wirklich in ihren Liebhaber verliebt. Auch wenn sie es so darstellen will, ich empfinde ihre Art der Liebe eher als selbstzerstörend. Für mich war sie einfach bisher nicht reif genug. Vielleicht irre ich mich auch? Da ich selbst das Originalwerk nicht kenne, kann ich mir nur ein Urteil auf der Basis der Graphic Novel machen.

Die Geschichte ließ mich über meine eigene Jugend nachdenken. Als junger Mann habe ich oft versucht, die Mädchen zu verstehen. So konnte ich nie verstehen, warum hübsche Mädchen auf hässliche Männer standen. Oder nehmen wir die Schläger, auf die Mädchen immer standen. In „Der Liebhaber“ stand, dass Mädchen und Frauen eher auf den Charakter achten als auf die Optik. Ist dem wirklich so? Ich dachte immer, dass sie dies nur so daher sagen. Wie dem auch sei, sollte diese Aussage stimmen, warum hatte ich es dann immer so schwer? Warum war ich immer nur der wunderbare Freund, dem man alles erzählt? Für mich war es immer so, dass die Mädels sich bei mir ausweinten, sich aber dann doch in die Arme der anderen begaben, was für mich unverständlich war.

Der Zeichenstil soll an dieser Stelle seine Erwähnung finden. „Kan Takahama“ ist es durch die Wahl der warmen Farben hervorragend gelungen, die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts im alten Indochina, dem heutigen Vietnam, einzufangen. Wenn man durch Film und Fernsehen, aber auch durch den Geschichtsunterricht, mit der Zeit vertraut ist, fühlt man sich sofort in selbige versetzt. Dies trägt ungemein zur Tragik der Geschichte bei. Der Zwiespalt der beiden Hauptdarsteller wirkt so noch glaubwürdiger.

Fazit:

„Kan Takahama“ ist eine brillante Adaption der Hauptgeschichte „Der Liebhaber“ von „Marguerite Duras“ gelungen, die nicht nur für Frauen interessant ist. Sie ist auf ihre Art spannend, sinnlich, aber auch verstörend und regt sehr zum Nachdenken an. Ich denke, würde „Marguerite Duras“ noch leben, ihr würde dieses Werk mit Sicherheit gefallen.

Hier geht es zur „Leseprobe von - Der Liebhaber“!

Quelle „CARLSEN“

Wir möchten uns auf diesem Wege herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar und Bildmaterial bedanken.