Traditional Tattoo in Japan: HORIKAZU » Review

Das Tattoo ist so alt wie die Menschheit, möchte ich mal behaupten. Vielleicht nicht in der Form, wie wir sie heute kennen, bemalt haben sich die Menschen damals dennoch. Und was das Tattoo Ansicht angeht, so kann man auf „Wikipedia“ nachlesen, dass man auf zwei Mumien, die maximal 5351 Jahre alt sind, richtige Tattoo’s gefunden hat. Eine stolze Zeitspanne würde ich mal sagen.


In dem Werk „Traditional Tattoo in Japan: HORIKAZU. Lifework of the Tattoo Master from Asakusa in Tokyo“ von „Edition Reuss“ geht es um den in Japan berühmten Tätowiermeister Horikazu, der zu Lebzeiten einer großen japanischen Tätowiererdynastien angehörte. Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten bewies er 40 Jahre lang im Tokioter Distrikt Asakusa. Seine Arbeiten sind legendär. Die Lücke, die er nach seinem Tod hinterlassen hat, lässt sich auch heute kaum füllen.


Horikazu war ein Meister seines Faches. Er beherrschte meisterhaft die seit Urzeiten in Japan benutzte Tebori-Technik (Tusche wird manuell in die Haut eingestochen), die durch einzigartige feine Abstufung und Farbgebung besticht. Jedes seiner Tattoo’s ist ein Meisterwerk an Präzession. Sie sind fehlerfrei, prächtig in der Darstellung und vor allem für den Träger etwas Besonderes. So als würde man ein Gemälde von „Vincent van Gogh“ besitzen.


Fotograf Martin Hladik hat den japanischen Tätowiermeister mit der Kamera seit 2004 begleitete, da er einfach fasziniert war, von der Schönheit der Arbeiten Horikazus. Das kann ich gut verstehen. Blätter man durch das 492 Seiten starke Buch, gehen einem die Augen auf. Solch eine Qualität und Fingerfertigkeit sieht man nicht alle Tage. Und dann die ganzen Details. Wenn man bedenkt, dass man Fehler kaum bis gar nicht korrigieren kann, ist es um so beeindruckender.


Mein Favorit befindet sich auf Seite 86/87 in dieser „Schwarte“. Ich sage bewusst Schwarte, da dieser Bildband der Wahnsinn ist. Zum einen sticht er durch das große Format hervor und dann der Druck. Selten solch einen hochwertigen Druck gesehen. Das Buch schreit ein förmlich an, dass man ja ordentlich die Seiten umblättern soll. Das ist auch besser so, da man so ehrfürchtig die ganzen abgelichtete Meisterwerke begutachten kann. So etwas bekommt man sonst nur in einschlägigen Yakuzafilmen zu sehen.


Beim Durchblättern und Betrachten der Bilder habe ich mich immer wieder gefragt, ob die Besitzer eines solchen Kunstwerkes überhaupt in ein Onsen dürfen? Ronny hat mir nämlich erklärt, dass Tattoo’s nicht gerne gesehen sind. Da mir diese Frage unter den Fingernägeln brannte, habe ich mal recherchiert. Besitzer solcher Werke genießen keine Sonderrechte. Im Übrigen gilt das auch für uns! Wenn man ein Tattoo besitzt, hat man schlechte Karten. Egal, ob es sich um ein Arschgeweih oder andere Tattoo’s handelt. Zum Glück gibt es aber Onsen, bei denen es extra erlaubt ist. Man muss sie halt finden.


So schön die Tattoo’s auch sein mögen, die Träger können selbige kaum zur Schau stellen. Das liegt einfach an der Tatsache, dass Tattoo’s mit den Yakuza in Verbindung gebracht werden.


Abpropro Yakuza. Ronny, der ja in Japan lebt, hat mir mal erzählt, dass es damals 2011 beim Unglück in Fukushima nicht die Regierung war, die zuerst geholfen hat, sondern die Yakuza. Ich wollte es erst nicht glauben, ist man doch von Reportagen und dem Kino geprägt. Tja, wie man sich doch irren kann. Die Realität sieht oftmals anders aus. Und wenn ich an die Manga-Reihe „Reaktor 1F - Ein Bericht aus Fukushima“ von „CARLSEN“ denke, welche ich hier auf animeszene.de rezensiert habe, glaube ich auch, dass seine Information stimmt. Denn in diesem Dreiteiler gibt der anonyme Autor und Zeichner einen tiefen Einblick in die japanische Gesellschaft, bezogen auf diese Katastrophe und dem Geplänkel drum herum.


Zurück zu den Tattoos.


Bei traditionellen Festivals ist es dennoch möglich ab und an als lebendes Kunstwerk durch die Straßen zu laufen. Vielleicht nicht das, was sich der Träger tatsächlich wünscht, aber dennoch eine schöne Option. Besonders für uns, die so gerne solch ein Tattoo einmal live sehen möchten, eine gute Gelegenheit.


Dass dieser Bildband überhaupt existiert, kommt nicht von ungefähr. Hladik gewann mit der Zeit das Vertrauen des Sohnes und Nachfolgers Horikazuwaka. Mit der Zeit durfte er sogar an Familienfeiern und traditionellen Festivals teilnehmen, wo tätowierte Kunden auftraten, und fotografierte sie. Diese besonderen Fotos findet man in diesem einzigartigen Bildband. Dies ermöglicht uns Außenstehende einen sehr intimen Blick in diese sonst verborgene Welt der japanischen Tätowierkunst. Danke!


„Die Eigenschaft der Tätowierung wird in die Seele des Kunden eingraviert“, betont der 2011 verstorbene japanische Tätowiermeister Horikazu in seinem letzten Interview. Bei mir wäre es mit Sicherheit ein Tattoo im Bereich Fantasy.


Fazit:


Es gibt viele Bücher über Tätowierungen, aber keines kommt an den Bildband von „Edition Reuss“ ran. Diese Meinung vertreten viele Tattoo Freunde auf der ganzen Welt. Dem stimme ich gerne zu. Dieses Werk sollte man sich auf jeden Fall mindestens einmal ansehen.


Produktdetails
Titel Traditional Tattoo in Japan: HORIKAZU
Genres Tattoo, Körperkunst
Fotograf/Texte Martin Hladik / Miho Kawasaki
Einband Hadcover
Seitenanzahl 492
Sprache Deutsch
ISBN 978-3-943105-10-0
Verlag Edition Reuss
Kaufmöglichkeiten amazon / Thalia / Edition Reuss


Wir möchten uns auf diesem Wege herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar und Bildmaterial bedanken.

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