Synchron-Solidarität und Meinungsfreiheit

Weil es mich (uns) immer noch bewegt ...


Seien wir ehrlich, destruktive Diskussionen und respektlose Kommentare gegenüber deutscher Synchronisation bei Animes gibt es leider nicht erst seit gestern oder ein paar Wochen. Bereits seit Jahren gibt es immer wieder Leute, die Meinungsfreiheit dahingehend fehlinterpretieren, dass sie denken es stünde ihnen frei ihren Unmut mit Hilfe wüster Beleidigungen oder gar Morddrohungen zu kommunizieren.


Aber immer der Reihe nach. Warum ist dieses Thema ausgerechnet jetzt bei vielen in den Fokus gerückt? Was haben „V-Tuberin Selphius“ und eine der bekanntesten Websites im Themengebiet Anime & Manga (deren Namen wir für uns behalten, da sie keine extra Erwähnung verdient) damit zu tun? Was ist meine persönliche Meinung und wie positioniert sich Animeszene.de zu diesem Thema? Das alles erfahrt ihr hier!


Was ist eigentlich passiert?


Im August wandte sich die Synchronsprecherin und Sängerin „Rieke Werner“, auch bekannt als StrawbellyCake, mit einem kurzen Tweet an die oben nicht näher erwähnte Website. Auslöser hierfür war ein unhöflicher Kommentar unter dem Beitrag zu einem Anime, in welchem sie einen der Charaktere vertonte. Dem vorangegangen waren allerdings unzählige Kommentare auf der Plattform, in welchen deutsche Synchronisation im Allgemeinen unsachlich kritisiert oder gar Sprecher:innen direkt beleidigt wurden.


Was wohl lediglich ein Hinweis an die Moderation sein sollte, sich diesem problematischen Aspekt ihrer Community anzunehmen, führte zu einer Schlammschlacht sondergleichen. Hass-Kommentare und ähnliches häuften sich, und letztlich fand sich unter dem entsprechenden Artikel die Meldung, dass die Kommentar-Funktion vorübergehend abgeschaltet worden sei. Formuliert war das Ganze so, dass man hätte meinen können, die Flut an toxischer Negativität wäre Rieke Werners Schuld. Dazu äußerte sich dann auch die Sängerin und Synchronsprecherin Samina König, manchen besser bekannt als V-Tuberin „Selphius“ Selphy Melody. Sie kritisierte in ihrem Tweet die Verdrehung der Tatsachen sowie die Kommentarsektion der Seite.


Besonders, aber nicht nur, auf dem Discord-Server der oben nicht näher genannten Website wurde heiß diskutiert, wobei der CEO grob beleidigende Äußerungen anderer Mitglieder nicht nur duldete, sondern auch noch selbst Öl ins Feuer goss. Er selbst benutzte in Bezug auf die beiden Sprecherinnen eine grob beleidigende Wortwahl.


All das gelangte an die breitere Öffentlichkeit und es wurde schnell klar, dass diese Auseinander-setzung nicht folgenlos bleiben konnte.


Meine Meinung dazu:


Kurz gesagt: Ich persönlich schaue Sachen, die mir gefallen, oft in mehreren Sprachen, um selbige zu lernen oder Vergleiche anzustellen, aber ich bin da auch ein kleiner Nerd. Und selbst wenn ich manchmal einen Anime in Japanisch oder Englisch bevorzuge oder schlichtweg bereits gesehen habe, freue ich mich jedes Mal, wenn ein neues Machwerk auf deutsch herauskommt. Dass er so auch einem breiteren Publikum besser zugänglich gemacht wird ist eine tolle Sache, außerdem haben wir in Deutschland einfach mal unheimliches Glück was die Synchron-Branche angeht.


Ich verstehe absolut, dass jeder seine Präferenzen hat, das ist auch gut so. Was sich meinem Verständnis jedoch gänzlich entzieht, ist wie man beispielsweise eine Rieke Werner, die diesen Job wohlgemerkt schon seit 15 Jahren macht, als „Möchtegern“ oder „Fandubberin“ deklarieren kann? Was ich bei meiner Recherche ebenfalls nicht verstehen konnte war, warum so viele es als absolutes No-Go auffassen, wenn Sprecher:innen irgendwann mal Fandubber waren? Hierzu hat Samina König ein Beispiel angeführt, das ich gern zitieren möchte, weil es meiner Meinung nach perfekt passt:


„Wenn ich mit 13 Jahren für die Dorfgemeinde ˋn paar Kuchen backe, dann macht das die Kuchen, die ich dann als professioneller Konditor backe, nicht schlechter.“


Allerdings bekommt man auch manchmal das Gefühl, dass es die Sprecher:innen ohnehin nicht richtig machen können. Bei manchen wird kritisiert, dass sie selbst Anime-Fans sind, mal wird sich darüber beschwert dass es nur bereits bekannte Stimmen gibt, dann wieder dass zu viele Newcomer im Cast wären. Und dann gibt es da natürlich noch die Sorte Bemerkungen, von denen ich hier gar keine Beispiele nennen will. Niemand sollte etwas dagegen haben, wenn jemand sachlich eine negative Meinung zu einer Synchro äußert, das steht jedem zu und kann ja unter Umständen sogar hilfreich sein. Aber was hier zu großen Teilen passiert, ist von sachlich denkbar weit entfernt.


Ich für meinen Teil kann mich ja noch an die erste deutsche Sprecherin erinnern, über die ich mich explizit im Internet belesen habe, weil ich ihre Rolle im Anime „Black Lagoon“ so genial fand: „Antje von der Ahn“ als Stimme von Revy. Schon lange interessiere ich mich für das Synchronhandwerk und habe es mir unheimlich cool vorgestellt selbst mit meiner Stimme Charaktere so klingen zu lassen. Ich selbst habe mit meinen Recherchen dazu wohl nur an der Oberfläche gekratzt, aber ich bin mir sehr sicher, dass es nie so abläuft wie manche behaupten - dass man „irgendwem auf der Straße 5 € gibt der dann ne Rolle spricht“... sonst hätte man mich definitiv schon in diversen Anime sprechen gehört, weil ich ständig vor Tonstudios rumlungern würde.


Aber Spaß beiseite, es macht mich immer wieder betroffen, wenn ich von Leuten höre, die sagen sie haben an sich nix gegen Anime, aber sie kommen mit der zum Teil extrem toxischen Community nicht klar. Ob es jetzt um potenzielle neue Fans geht, die man so in die Flucht schlägt oder ob man Sprecher:innen dazu bringt, keine Rollen in Anime mehr sprechen zu wollen oder können, Leute die der Szene so einen schlechten Ruf verpassen tun wohl niemandem einen Gefallen. Höchstens denen, die immer nach neuen „Beweisen“ dafür suchen, dass Dinge wie Manga, Anime und Videospiele zur Verrohung und Verdummung der Gesellschaft beitragen.


Ich würde liebend gern Kontakte in dieser Branche knüpfen, mit Betroffenen sprechen und Bericht erstatten, um die ganze Thematik vielleicht für alle etwas zugänglicher zu machen. Aber auch unabhängig von irgendwelchen Artikeln oder Videos sollte wie ich finde eines klar sein:


Ihr müsst nicht vor jedem Kommentar fünf Stunden brüten und ein Gremium zur Beratung einschalten, bevor ihr im Internet irgendetwas sagt. Ein Mindestmaß an gegenseitigem Respekt und Basis-Netiquette ist völlig ausreichend.


Statements der Publisher und von Animeszene.de


An dieser Stelle würden wir gern einige der Statements diverser Anime-Publisher in Auszügen zitieren.


„Polemik und Hassrede, egal auf welcher Plattform oder in welchem Medium, dürfen niemals als Teil der Meinungsfreiheit missverstanden werden(...)“


Direktlink und Quelle: peppermint anime


„So unterschiedlich die Geschmäcker sind, so unterschiedlich sind auch die Meinungen, und selbstverständlich kann ein Jeder in unserer Gesellschaft seine Meinung und auch seine Kritik frei äußern, aber bitte immer in einer konstruktiven, respektvollen Art und Weise, sodass niemand verletzt oder beleidigt wird.“


Direktlink und Quelle: animoon


„Lasst uns alle für ein Diskussionsklima einstehen, in dem wir gemeinsam und auf Augenhöhe unsere Liebe für Anime und Manga teilen und uns darüber austauschen können!“


Direktlink und Quelle: KAZÉ


„Wir dürfen nie vergessen: Synchronsprecher:innen hauchen unseren Serien und Filmen Leben ein.


(...)


Anerkennung und Liebe statt Unmut und Hass - wie wäre es damit?!“


Direktlink und Quelle: KSM Anime


„Persönliche Angriffe, Diffamierungen, Schmähungen oder gar Gewaltandrohungen sind grundsätzlich absolut inakzeptabel! Schließlich möchte jeder respektvoll behandelt werden - egal, welche Arbeit er leistet.“


Direktlink und Quelle: Anime House


Wir von Animeszene.de laden gerne alle Fans der japanischen (Pop-)Kultur dazu ein, sich rege über ihre Meinungen zu verschiedensten Themen auf „animeszene.de“ auszutauschen, aber immer unter Einhaltung der Netiquette. Bleibt fair, behandelt andere, wie ihr selbst gern behandelt werden wollt. Dies bietet die perfekten Grundvoraussetzungen für eine Community, in der man sich wohlfühlt und in der wir uns alle gemeinsam an dem erfreuen können, was wir lieben!

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