Mein Freund, der Hexer » Review

Heute versuche ich mich zum ersten Mal daran, einen aus mehreren Kurzgeschichten bestehenden Manga zu rezensieren. „Mein Freund, der Hexer“ ist bei “altraverse“ erschienen und enthält insgesamt vier voneinander unabhängige Storys der Mangaka Asato Shima.


Worum es bei „Mein Freund, der Hexer“ geht:


1. „Mein Freund, der Hexer“


Yo und Towa kennen sich seit der Kindheit und sind auch jetzt zu Mittelschulzeiten fast immer zusammen unterwegs. Allerdings ist Yo nicht wie gewöhnliche Teenager seines Alters. Es handelt sich bei ihm nämlich um einen Hexer mit mächtigen magischen Fähigkeiten! Die Hierarchie innerhalb dieses Bundes wird dabei aber klar von seinen weiblichen Mitgliedern dominiert, schon allein, weil männliche Hexer von Natur aus nur dann in der Lage sind, ihre Kräfte einzusetzen, wenn sie die Haut einer Frau berühren. Yo, der deswegen schon Zeit seines Lebens Hohn und Spott über sich ergehen lassen musste, hat in Towa eine Freundin gefunden, die immer zu ihm hält. Möglicherweise ist bei den beiden sogar mehr als nur Freundschaft im Spiel. Werden sie den Mut aufbringen können, sich ihre Gefühle zu offenbaren?


2. „Aoi und Vergissmeinnicht“


Die 15jährige Yuika hat infolge eines schweren Unfalls ihr gesamtes Gedächtnis verloren. Dank ihrer liebevollen Familie und Freunden schafft sie es langsam aber mühevoll, sich gesundheitlich und psychisch wieder zu erholen. Eines Tages kommt der Mitschüler Aoi im Krankenhaus zu Besuch. Ziemlich schnell kommt er zum Punkt und erzählt, er wäre Yuikas Lieblingsopfer gewesen und über viele Jahre von ihr gemobbt worden. Das über sein eigenes Verhalten zutiefst schockierte Mädchen besitzt nur leider keine Erinnerung mehr an den Jungen und die grausamen Taten. Doch Aoi lässt einfach nicht locker, auch in den kommenden Wochen erzählt er ihr freundlich aber bestimmt weitere Mobbing-Anekdoten und tut alles dafür, um ihr Gedächtnis wieder aufzufrischen.

Die frühere Peinigerin fühlt sich hierbei zunehmend unwohl und wie ein Monster. Ist etwa Rache das Motiv von Aoi oder steckt etwas ganz Anderes dahinter?


3. „Zwischen den Wellen“


Eine Freundschaft kann etwas Wunderbares sein und ein starkes Band zwischen zwei Menschen knüpfen. Dies ist ebenso bei Atsushi und Takumi der Fall, wäre da nicht noch Mitsuya. Die kühle und undurchschaubare Schönheit hat Atsushi regelrecht auf dem Kieker. Er wird zu einem Spielball in ihren Händen, mal flirtet und kokettiert sie mit ihm, um ihn im nächsten Moment wieder bloßzustellen und mit bösen Psychospielchen zu erniedrigen. Konkrete Gründe dafür und ein Einblick in die Gefühlswelt der beiden wird einem dabei vorerst nicht gewährt. Feststeht, dieser Konflikt belastet auch die Freundschaft der jungen Männer ungemein. Gerade um die traumatischen Erlebnisse mit seinem alkoholkranken und gewalttätigen Vater zu verarbeiten, war Takumi für Atsushi immer ein wichtiger Halt.


Als die Anspannung in der Dreiecksbeziehung immer bedrohlicher scheint, ereignet sich ein Unglück: Takumi stürzt von einem Hang hinab, verletzt sich schwer und fällt ins Koma. Am Krankenbett des Patienten stehend, spricht Mitsuya gegenüber ihrer Hassliebe mit dämonischem Lächeln einen Verdacht aus: „Du hast Takumi umgebracht, oder?“


3. „Scissor Reset“


Lenn ist auf den ersten Blick ein ganz normaler Schüler eines piekfeinen Internats. In Wirklichkeit aber fand sein Leben bereits vor 25 Jahren ein Ende, doch der mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattete Vorstandsvorsitzende der Einrichtung machte ihm das verlockende Angebot, in Zukunft als Monitor für ihn zu arbeiten. Undercover soll er sich so unter die anderen Schüler mischen, ihr Verhalten studieren und sämtliche Anomalien seinem Boss mitteilen. So kann dieser stets die volle Kontrolle über das Geschehen im Internat behalten. Der Untote darf im Austausch dafür sämtliche Privilegien der Lebenden genießen und wenn ihn sein Dasein doch mal langweilen sollte, braucht er sich nur die Haare zu schneiden, um unserer Welt zu entschwinden. Praktischerweise werden dadurch auch gleich sämtliche Erinnerungen der Menschen gelöscht, welche ihm in dieser Zeit begegnet sind, und sollte der Vorstandsvorsitzende wieder seine Dienste benötigen, kann er ihn jederzeit erneut reanimieren.


Dieser Vertrag scheint also eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu sein. Nun geht das alles zwar schon ein Vierteljahrhundert so, aber Lenn hat in dieser Zeit dennoch nie etwas oder jemanden gefunden, was ihn wirklich glücklich gemacht hätte. Das ändert sich Schlag auf Schlag, als er Alicia kennengelernt. Unser Freund muss feststellen, dass selbst das Leben eines Toten manchmal noch völlig auf den Kopf gestellt werden kann.


Einschätzung


Kurzgeschichten haben den schönen Reiz, in viel komprimierterer Form gelungene Storys und Charaktere abbilden zu müssen, einiges bleibt dabei vielleicht ungeklärt und interpretierbar, aber für den Leser werden trotzdem kleine Brotkrumen und Hinweise gestreut, wie dies oder jenes möglicherweise gewesen sein könnte. Asato Shima gelingt dies hier leider nur teilweise. Grundsätzlich könnte man sagen, ihre Kurzgeschichtensammlung fängt ziemlich schwach an und steigert sich nach hinten raus immer mehr.


„Mein Freund, der Hexer“ ist definitiv die lockerste und leichteste der Geschichten. Man könnte es wohl als romantische Fantasy-Comedy bezeichnen, die aber weder besonders witzig noch romantisch ist und auch Yos Hexerkräfte bekommen wir nicht großartig zu Gesicht. Die Figuren wirken langweilig und austauschbar und dafür, dass das Tempo in der Erzählweise schon ziemlich gehetzt rüberkommt, passiert auch erschreckend wenig Handlung. Diese Geschichte hat mir ehrlich gesagt gar nicht gefallen.


Part Two „Aoi und Vergissmeinnicht“ macht da schon einiges besser, verschenkt aber trotzdem noch viel Potential. Ein Mädchen, was nach einer Amnesie mit ihrer Vergangenheit als Mobberin konfrontiert wird, ist eigentlich ein genialer Ausgangsplot, der aber nicht voll ausgeschöpft wird. Ich denke, ein Rückblick über zwei, drei Seiten wäre hier wahrscheinlich hilfreich gewesen, um Yuikas grausame Taten veranschaulicht zu bekommen. So sehen wir hier nur ein zitterndes Mädchen, was zwar Reue zeigt und sich für sein früheres Ich schämt, aber erhalten selbst keinen Zugang zu dieser Seite von ihr.


Positiv anmerken sollte man einige wirklich coole Dialoge der beiden und einen schönen, unerwarteten Twist.


Insgesamt durchschnittliche, aber definitiv auch keine schlechte Unterhaltung.


Bei „Zwischen den Wellen“ wird es noch einmal deutlich düsterer. Wir bekommen ein hartes Psychodrama serviert, mit Mitsuya als heimlichem Star. Eine faszinierende Figur voller Facetten und Schattierungen (charakterlich wie zeichnerisch :)). Die Dreieckskonstellation mit den beiden Jungs ist spannend erzählt, man nimmt sich ausreichend Zeit, ihre Psyche und Motive zu beleuchten und auch die Gewalttätigkeit und der Alkoholismus von Atsushis Vater werden realitätsnah umgesetzt. Da gibt es nichts zu meckern, mal abgesehen davon, dass ich gerne noch mehr davon hätte lesen können. Etwas erweitert und ausgebaut würde „Zwischen den Wellen“ auch einen guten One Shot abgeben.


Im Debütwerk der Mangaka, „Scissor Reset“, bekommen wir es erneut mit einer Fantasy-Komponente zu tun. Nur dieses Mal wird sie glaubwürdig und sinnvoll in eine sehr schöne und emotional packende Handlung eingewoben. Lenn konnte bisher nicht wirklich Glück und Freude in seinem Leben empfinden; wäre der Vorstandsvorsitzende nicht auf ihn zugekommen, hätte ihn sein eigner Tod wohl kaum tangiert. Dass es 25 weitere Jahre braucht, bis ihm solch ein Gefühl in Person von Alicia zum ersten Mal widerfährt, geht unglaublich zu Herzen.


Wie ich schon kurz angedeutet habe, ist die Tätigkeit des Monitors nur scheinbar eine Win-Win-Situation. Ihr werdet da sicher am Mitfiebern sein und noch die eine oder andere dramatische und spannende Entwicklung beobachten können.


„Scissor Reset“ ist eine runde, in sich geschlossene und perfekt erzählte Kurzgeschichte. Wie sagt man so schön: Das Beste kommt zum Schluss. :)


Fazit


Insgesamt konnten mich zwei der vier Kurzgeschichten in „Mein Freund, der Hexer“ überzeugen bis begeistern, während die anderen beiden eher enttäuschten.


Diese Sammlung ist sicher eine gute Lektüre für zwischendurch, aber auch nichts, was man zwingend gelesen haben muss.


Hier geht es zur „Leseprobe von - Mein Freund, der Hexer“!


Quelle „altraverse


Produktdetails
Titel Mein Freund, der Hexer
Genres Romance
Autor Asato Shima
Einband Taschenbuch
Altersempfehlung ab 13 Jahre
Seitenanzahl 176
Serie Einzelband
Sprache Deutsch
ISBN 978-3-96358-690-3
Verlag altraverse
Kaufmöglichkeiten amazon / Thalia / altraverse


Wir möchten uns auf diesem Wege herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar und Bildmaterial bedanken.

Über den Autor

Hallo mein Name ist Frank und ich bin ein humanoides Wesen vom Planeten Erde.

Neben Animes und Mangas, fühle ich mich dem Punkrock sehr verbunden und gehöre dieser Szene seit 2008 an, zocke leidenschaftlich gern, bin Fußballfan des FC Energie Cottbus, FC Sankt Pauli und vom FC Bayern München.

Filmreihen wie Star Wars, Herr der Ringe, Blade Runner und Indiana Jones nehmen einen besonderen Platz in meinem Herzen ein.

Allgemein bin ich ein begeisterter Cineast. Von 1920er Stummfilmen bis heutiger Streifen interessiert und fasziniert mich eine breite Palette an unterschiedlichsten Genres.


Politisch engagiere ich mich z.B. für die Linke, die Partei, Campact, Amnesty International oder Sea Shepherd. Ich bin Flexitarier.

Frank Profi

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